Tief durchatmen

© Wolfgang Stelljes
Allergiker finden im Frühjahr nur an ganz wenigen Orten wirklich Ruhe vor den Pollen. Zu diesen zählt Borkum, seit 2013 zertifiziert als „erste allergikerfreundliche Insel Europas“.
Text: Wolfgang Stelljes
Borkum, Mitte März 2020. Es sind die Tage, in denen noch niemand damit rechnet, dass Corona bald schon das öffentliche Leben lahmlegen wird. Das Café „Lüttje Toornkieker“ im langen Schatten des Alten Leuchtturms hat gerade geöffnet, die ersten Gäste genießen die Frühlingssonne. An einem Ecktisch beugen sich drei Menschen über die Speisekarte: Monika Harms, die Kurärztin, Tanja Rück von der Tourist-Information und Holger Hoven, der Besitzer des Cafés. Die Gestaltung einer Speisekarte ist eine Wissenschaft für sich, jedenfalls dann, wenn man seinen Betrieb nach den Kriterien der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF) als allergikerfreundlich zertifizieren lassen möchte. Und Hoven möchte. Damit ein Allergiker auf einen Blick erkennt, was drin ist in seinen Speisen und Getränken, will Hoven mit Symbolen arbeiten. „Habt ihr was mit Sesam?“, fragt Harms. Sesam kann sehr heftige Reaktionen auslösen, bis hin zu einem lebensbedrohlichen Schock, so die Medizinerin. Sesambrötchen müsste Hoven also auf einem Extrablech in den Ofen schieben, ganz unten, damit nichts auf andere Produkte fallen kann. Dann doch lieber nur Brötchen mit Haferflocken und Sonnenblumenkernen, entscheidet der 40-Jährige.
Auf der Anrichte stehen mehrere Kuchen, alle laktose- und glutenfrei, alle von einer Konditorin im Haus gebacken. Unter jeder Torte liegt ein eigener Heber. „Strikte Trennung“ lautet die Devise, auch im Kühlschrank und bei der Zubereitung. Pommes dürfen nicht in die gleiche Fritteuse wie die Kibbelinge, weil die ja eine Weizenpanade haben. Es gibt eine Pfanne für Fisch, eine für Tofu und eine für die leckere Bratwurst mit Fenchel. Ein Fischallergen sei nicht gleich weg, nur weil man die Pfanne mal eben durchspüle, sagt Harms. Auch Bretter und Messer müssen ständig gewechselt werden.
90 Minuten später: Tanja Rück hat auf einem Beurteilungsbogen einen Haken nach dem anderen gemacht. Bitte keine Orchideen, mahnt sie noch beim Rausgehen. Es sind Kleinigkeiten, um die Hoven sich noch kümmern muss, dann darf er das ECARF-Siegel für weitere zwei Jahre nutzen.
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