Auf Kante genäht
Sparsame Schwaben? Von wegen! Auf sieben Traufgängen prassen sie mit genialen Aussichten, die vom Albtrauf ins Vorland düsen. Beim Zollernburg-Panorama setzen sie noch eins obendrauf: Immer wieder taucht die Burg Hohenzollern mit Disney-Silhouette vor der schroffen Kante auf. Das Motto für Wanderer: Genießen und trotzdem konzentriert bleiben …

Text & Fotos: Beate Wand
Ein Schritt nach vorne wäre ein Schritt zu viel! Es zieht und kribbelt im Rücken, wenn sich die Beine langsam aus der Hocke strecken. Lieber nicht direkt nach unten schauen, wie die Berg-Margeriten, die ihre Köpfchen direkt über dem Abgrund im Takt des Winds hin- und herschaukeln. Besser die Augen über das Waldmeer sausen lassen. Es wogt 300 bis 400 Meter tiefer, kraxelt die Hänge rauf, dringt in die schmalen Buchten vor, die sich in die Abbruchkante der Schwäbischen Alb furchen, so dass ihre steilen Wände wie gestaffelte Nasen vor- und zurückschwingen: der Albtrauf. Jene Geländestufe, an der die schräg gestellte Alb-Platte im Norden und Westen jäh abbricht, sich beinahe senkrecht zu Tale stürzt. Geniale Wanderkulisse!
Uff der Blauen Mauer
Über 200 Kilometer, vom Nördlinger Ries bis etwa zum Rhein bei Schaffhausen, schlägt der 200 bis 400 Meter hohe Reliefsprung aus hartnäckigem Jurafels seinen Bogen. Schriftsteller Eduard Mörike verklärte ihn als „Blaue Mauer“. Dicke Bänke weißer Riffkalke blitzen zwischen den Buchenwäldern hervor. Aus einiger Entfernung schimmern sie blassbläulich. Aufgebaut aus den Hinterlassenschaften des tropischen Urmeeres Tethys: versteinerte Schwämme, Korallen und andere Schalentiere. Der Albsteig (auch bekannt als Schwäbische-Alb-Nordrand-Weg) folgt der von Wind und Wetter ausgefransten Krone dieser Mauer. In 25 Tagesetappen legt er 365 Kilometer von Donauwörth bis nach Tuttlingen zurück. „Oben uff de Alb sind die Höhenunterschiede nicht mehr so groß, nur etwa 100 Meter“, beschreibt Wilfried Kohler vom Schwäbischen Albverein den Wegcharakter. „Aber vom Unterland uff de Alb ruff, das sind bis zu 300 Meter!“ Alpines Feeling ohne klassischen Gipfelsturm: Sanft buckeln sich von Schafen beweidete Wiesen mit ausladenden Weidebäumen, manchmal durchsetzt von einer Wacholderheide. Sie enden vor einem Waldstreifen, ein paar Schritte weiter gähnt plötzlich der Abgrund. Nördlich von Kohlers Heimatörtchen Albstadt-Onstmettingen ist die Kante besonders schroff. Dort läuft der Albsteig ein Stück parallel zum Traufgang Zollernburg-Panorama. Einer von sieben zertifizierten Rundwanderwegen auf der Zollernalb.
Den kompletten Artikel erhalten Sie in der Ausgabe 6/2016 von Wanderlust. Hier können Sie das Heft nachbestellen.