Himmel auf Erden

© Beate Wand
Die Zelcks haben ihr Paradies gefunden. Im Himmelmoor. Dort schrauben sie an Lokomotiven und Loren der alten Torfbahn. Mit ihr rollen sie durch das abgetorfte, sich nun hoffentlich wieder erholende Moor. Dabei sammeln sie Müll, rupfen Birken aus und passen auf, ob es irgendwo brennt.
Text: Beate Wand
Lautlos gleitet sie über ihren zusammengekringelten Artgenossen hinweg. Verschwindet unter einem Birkenast, der im Gestrüpp aus Zweigen, trockenem Laub und Halmen am Boden liegt. Ein Chaos, das die beiden Kreuzottern ganz gut tarnt. Trotz des schwarzen Bandes, das sich über ihren Körper zickzackt. Dicht am Weg aalen sich gleich mehrere Exemplare in der Sonne. Manchmal sogar unter der Bank am Aussichtspunkt über den See. Besucher sollten also achtgeben, wo sie ihre Schritte hinsetzen, Hunde kurz anleinen und gut auf kleine Kinder aufpassen. Das Gift dieser bis in den hohen Norden heimischen Viper ist doppelt bis dreimal so toxisch wie das der Diamant-Klapperschlange. Allerdings verfügt sie über deutlich weniger davon. Gewöhnlich sparen sich die Schlangen ihr Serum lieber auf, um damit Mäuse, Frösche oder Blindschleichen zu erlegen.
Es ist der erste von mehreren aus Torf angehäuften Aussichtshügeln im Himmelmoor bei Quickborn. Ein blauer Moorfrosch – balzende Männchen verfärben sich tatsächlich kurzzeitig so! – lenkt über den Moorlehrpfad. Er beginnt am Torfwerk. Von dort stoßen die Gleise der Feldbahn zum Weg. Weiter hinten taucht er in einen Schlund aus Gebüsch, der sich wie Eisenbahntunnel aufsperrt. Wo rostige Geisterschienen quer über einem Graben Kinder zum Balancieren animieren, kurvt der Weg an einer alten Lore vorüber und zieht die langgestreckte Rampe zur Aussicht hinauf. Unter ihr ruht ein spiegelglatter See. Darin putzen Kanadagänse zwischen abgestorbenen Stümpfen ausgiebig ihr Gefieder. Rauchschwalben schwirren umher, jagen Fluginsekten dicht über der Was- seroberfläche. „Die Hügel zeigen die Höhe des Himmelmoores vor dem Abbau“, weiß Dan Zylck, „so ungefähr jedenfalls. Mit der Zeit schrumpfen sie ein bisschen.“ Den Latz seiner beigen Hose ziert eine grüne Lokomotive mit einer 13, darüber trägt er eine ölverschmierte, blaue Arbeitsjacke.
Der Mitbegründer des Vereins Arbeitsgemeinschaft Torfbahn Himmelmoor deutet am Einstieg unter der geschnitzten Eule auf die Koppel dahinter. Ein Holzpfahl mit orangefarbenem Kopf sticht heraus. Der Torfpegelmast. „So hoch hat sich der Torf uhrglasförmig aufgewölbt“, stellt der große Schlanke mit Zopf klar. Bis zu zehn Meter hoch schichteten sich an den mächtigsten Stellen abgestorbene Pflanzenteile in Schleswig-Holsteins größtem Hochmoor auf.
Den kompletten Artikel lesen Sie in wanderlust 1/2022. Das Magazin können Sie hier nachbestellen.