Mit Pinsel und Palette

neuer_name
Die „Küste im Morgenlicht“ von Anna Gerresheim könnte an verschiedenen Strandabschnitten von Ahrenshoop entstanden sein. Die vierte Station des Kunstpfads harmoniert an Aufgang elf mit den Dünen.
© Beate Wand

An der schmalsten Stelle der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst dreht der Kunstpfad eine Runde durch und um das Künstlerdorf. Er zeigt, wo Maler ihre Staffelei aufstellten, um Steilküste, Strand und Bodden zu malen.

Text & Fotos: Beate Wand

Gleich setzt die Sonne auf. Weit hinter den frisch angepflanzten Dünengräsern. Auch noch weit hinter der Buhne, die vom Strand einsam in die ruhige See sticht. Oberhalb des kleinen Sandhügels wischt eine Urlauberin aus Berlin, in einen Daunenmantel gemummelt, mit ihrem Pinsel zügig über den Papierblock in ihrem Schoß. Zwei Farbkästen balancieren auf der Lehne der Holzbank. Aus der Höhle, die ihre riesige Kapuze wölbt, mustern freundliche Augen das gewellte Papier: Ein orangefarbener Streifen trennt die Blautöne von Himmel und Meer. Er leuchtet auch noch, als das Vorbild am Horizont verblasst.

Farben haben Tradition in Ahrenshoop. Paul Müller-Kaempff stiefelte vor über 130 Jahren von Wustrow am Hohen Ufer entlang. Da, wo im Sommer die Uferschwalben chaotisch durch die Luft schwirren, dabei aufgeregt trillern. Sie bohren ihre Nisthöhlen in den weichen Lehm der Wände, die bis zu 18 Meter tief hinunterstürzen. Unten wogt, wuchtet, wemst die Ostsee im Winter dagegen. Die Steilküste weicht jedes Jahr ein Stück zurück. Ein Saumpfad windet sich an ihren Abbrüchen entlang. Erst blinkt Klatschmohn aus den Feldern, dann duften die Blüten der Kartoffelrosen, später im Jahr kugeln sich die herbsauren Früchte des Sanddorns am Strauch. Mit seinem Freund Oskar Frenzel suchte Müller-Kaempff nach Motiven.

„Bis in unseren Nachbarort waren sie schon gekommen“, sagt Andrea Krüger. „Ahrenshoop hatte aber noch keiner auf dem Zettel.“ Ein Powersdörp – sehr armes Dorf. Auf der Sanddüne des Vordarß warfen die Böden kaum was ab. Wenige Bauern, ein paar Fischer, Seeleute. Sie überlebten so gerade. Weiter auf dem Darß barg Wald ein wenig Wohlstand. In Wustrow, wo die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst beginnt, bauten sich die Kapitäne schicke Häuser. Bei ihrer Führung über den Kunstpfad Ahrenshoop erzählt Krüger, wie alles anfing: „Die beiden liefen da am Steilufer entlang und fielen plötzlich in dieses Idyll. Sie waren so fasziniert, dass sie immer wieder herkamen, um zu malen.“

Im Rücken der Malerin am Strand duckt sich ein weißes Haus in die Dünen, zieht sein struppiges Krüppelwalmdach tief herunter, um dem Wind möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Die Grimmelei ist das Postkartenmotiv des einstigen Fischerdorfs schlechthin. Es steht dort, wo das Hohe Ufer sich niederlegt. Auf der Tafel bei der Plattform etwas oberhalb strahlt solch ein Gebäude neben einer Gruppe weiterer Häuser unter dunklen Wolken aus dem Dünengras. Den „Blick auf Ahrenshoop“, bei dem Müller-Kaempff sich in das Licht und den Frieden hier verliebte, bannte er 1890 auf Leinwand. Menschen betrachten das zweite Gemälde am Kunstpfad und vergleichen mit der heutigen Szenerie: Die frühere Landschaft sei ursprünglicher, urteilen sie. Außerdem fehle heute die Sonne.

Die ganze Geschichte finden Sie in Ausgabe 1/23, zu bestellen bei uns im Shop.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Aktuelle Beilagen und Specials

  • catalog flat
  • catalog flat
  • catalog flat
  • catalog flat
  • catalog flat

Events

Zur Zeit liegen keine Events vor …