Die Barocke

© Alexa Christ
Keine andere Epoche prägte das osthessische Fulda so sehr wie das 17. und 18. Jahrhundert. Die barocken Stadtherren wussten zu bauen, zu feiern und zu protzen. Von ihrer Lebensart haben sich die heutigen Fuldaer das ein oder andere bewahrt – dabei begann alles mit einem überaus bescheidenen Mann.
Text: Alexa Christ
B wie Bonifatius: Aller Anfang liegt bei einem angelsächsischen Missionar, der eifrig bemüht war, den widerspenstigen Germanenstämmen den christlichen Glauben zu bringen. Ihm verdankt die Stadt ihr Entstehen. „Der Heilige Bonifatius ließ hier im Jahr 744 sein Lieblingskloster streng nach der benediktinischen Regel – Ora et labora – errichten“, erzählt Stadtführer Klaus Orth vor den mächtigen Sandsteinmauern des Doms St. Salvator, dem Wahrzeichen Fuldas. „Hier wollte er sich von seinen Missionsreisen erholen, hier wollte er begraben werden.“
Beides gelang. Ob der Raubmord, dem Bonifatius im Jahr 754 bei den renitenten und wenig zimperlichen Friesen zum Opfer fiel, nun wirklich ein Märtyrertod war, sei zwar mal dahingestellt, die Zeitgenossen sahen es so, und der Stadt schadete es nicht. Im Gegenteil. Schnell setzte eine kultische Verehrung der heute im Dom ruhenden Gebeine ein. In deren Dunstkreis gedieh nicht nur das Kloster – ein frühes Bildungszentrum – ausgesprochen gut. Auch immer mehr Handwerker ließen sich drumherum nieder. Aufträge von den Mönchen gab es ja genug. Aus dem Kloster erwuchs die Stadt Fulda, und die erinnert an ihren kirchlichen Gründungsvater heute gern mit ungewöhnlichen Mitteln. „Ich bin gerade an der Bonifatius-Überquerung“, spricht eine Frau an der Kreuzung vor dem Domplatz ins Handy und drückt den Knopf für die Ampel. Es dauert nicht lange, schon schaltet die Anlage das Männchen auf Grün. Ein Bonifatius-Männchen wohlgemerkt, das mit forsch ausholendem Schritt – der Heilige soll 1,90 Meter groß gewesen sein – in Richtung Friedrichstraße zu marschieren scheint.
Vielleicht will es zu Gennaro Arresta, denn der aus dem italienischen Potenza stammende Endvierziger behauptet stolz: „Es gibt nur zwei nicht in Fulda geborene Männer, die sich trotzdem ‚Föllscher Jong‘ nennen dürfen: Bonifatius und ich!“ Als die Stadt 2004 zum 1250. Todestag des Heiligen das eigens geschriebene Musical „Bonifatius“ zum ersten Mal aufführte, machte der hessische Italiener das, was er am besten kann: Eis. Seitdem gibt es in seiner Gelateria den beliebten Heiligen als Eissorte. Und wonach schmeckt der fromme Mann? „Die Sorte ‚Bonifatius‘ ist ein leichtes Nuss-Mokka-Eis mit gerösteten Mandelsplittern, umhüllt von Schokolade“, klärt Arresta auf, dessen Piaggio-Eiswagen mit dem prägnanten Schriftzug „Lecko mio“ in Fulda Kultstatus hat.
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