Treiben statt Tram
Feucht, aber for free: In Basel hüpfen die Menschen einfach in den Rhein, wenn sie abends an den Buvetten noch ein Bierchen trinken wollen. Dafür braucht es einen in der Schweizer Metropole allgegenwärtigen Ausrüstungsgegenstand – den Wickelfisch.

Text und Fotos: Beate Wand
Ein Wickelfisch ist das Erste, was sich jeder Basler kauft. Das behauptet jedenfalls Willian Bielmann. Auch er besorgte sich gleich einen beim Kiosk um die Ecke, als er vor ein paar Jahren in die Schweizer Grenzstadt zog. Der junge Mann von Basel Tourismus schlendert auf dem unteren Weg des Kleinbasler Ufers dicht am Rhein entlang. An der steilen Böschung gucken in gewissen Abständen metallene Haken zwischen den Stockrosen hervor: Duschen! „Für die Schwimmer“, klärt Bielmann auf. Ein Scherz? Nein, tatsächlich, da treiben ein paar Köpfe in der Strömung vorüber. Orange, pink, blau, gelb und grün leuchten die aufgeblähten Schwimmtaschen zwischen den Armen, unter dem Kopf oder beim Rückenschwimmer auf dem Bauch hervor, während sie mit ihren Besitzern flussabwärts schwimmen. Etwa 25 Franken kostet so ein Wickelfisch, und es gibt ihn nahezu überall.
Der mit Blumenkübeln geschmückte Ponton, an dem die Fähre nach St. Alban festmacht, dümpelt verlassen vor sich hin – der „Fäärimaa“ hat schon Feierabend. Also steuert Bielmann zu Fuß die Wettsteinbrücke an, um auf die Großbasler Flussseite zu wechseln. Das türkisfarbene Wasser kräuselt sich hier und da etwas. Hinter den grünen Trams, die regelmäßig über die Brücke zuckeln, zeichnet das Wahrzeichen Basels die Skyline: Die beiden schlanken Türme des roten Sandstein-Münsters ragen einsam in den Abendhimmel. Auf dem Dach des Kirchenschiffs glänzen glasierte Keramikziegel.
Längstreiber
„Wahrscheinlich landen sie bei den Buvetten an“, mutmaßt Bielmann über das Ziel der Köpfe, die nun den rechten Brückenbogen unterqueren, „die meisten steigen hier oder noch weiter oben, unterhalb der Schwarzwaldbrücke, ein. Tagsüber bei schönem Wetter in Scharen.“ Manche bleiben sogar bis zur letzten der fünf Rheinbrücken im Wasser. Der wasserdichte Beutel hält die Klamotten trocken, wenn man die Schwanzflosse einrollt und dann beide Zipfel zusammenklickt. „Sogar eine Flasche Wein und Fleisch zum Grillieren passen noch hinein“, lobt der Bielmann das Schwimm-Utensil. An sein erstes Mal, als er mit ungewohnter Perspektive durch Basel glitt, erinnert er sich noch gut: „Das war sehr surreal. Mitten in der Stadt und im Wasser.“
An den Buvetten trifft man sich im Sommer. Bei schönem Wetter öffnen die Buden am rechten Rheinufer zwischen Mittlerer und Johanniterbrücke ihre Tresen: Eis, Softdrinks und kleine Snacks erfrischen ebenso wie Wein, Bier und Cocktails – die Flaneure und jene, die an den Treppen aus dem Wasser klettern: Wickelfisch auf, Handtuch raus, Flipflops an. Eine blaue Tafel baumelt dort an einem Mast: „Wasser 19˚“ steht darauf. Selbst beim Flussbaden beweisen die Eidgenossen Perfektion! Die Zwölf-Uhr-Nachrichten des Lokalsenders Radio Basilisk melden ebenfalls die aktuelle Wassertemperatur.
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