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Die Wurzeln des Adam von Trott

Er liebte das Wandern und die Berge seiner nordhessischen Heimat: Adam von Trott
Landschaft Trottenkreuz
©

Wolfgang_Stelljes

„Grüße mir Imshausen und seine Berge“ – so lauten die letzten Worte von Adam von Trott in seinem Abschiedsbrief an seine Frau Clarita. Im Alter von nur 35 Jahren wird er wegen seiner Beteiligung am Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 hingerichtet. Wer heute, 80 Jahre später, mehr über Adam von Trott wissen möchte, der muss nach Imshausen, einem Ortsteil von Bebra. Bebra, lange Zeit mitten im Zonenrandgebiet, ist vor allem Eisenbahnfans ein Begriff: Der Ort war früher so etwas wie ein Nabel des deutschen Schienennetzes.


Landschaft in der Abendsonne

Trottenkreuz in der Abendsonne

© Wolfgang_Stelljes

AUF DEN SPUREN DES ADELS

„Er ist leidenschaftlich gern gewandert“, sagt Malina Emmerink, die Geschäftsführerin der Stiftung Adam von Trott. Die hügelige Landschaft nahe der thüringi­schen Grenze bietet viele Gelegenheiten dazu, auch heute noch, zum Beispiel auf fünf „Kultur-Wander­wegen“. Einer davon ist dem Adel gewidmet, eine knapp acht Kilometer lange Runde. Der Weg beginnt in Solz, wo sich der zweite Stammsitz der Familie von Trott befindet. Im „Dorftreff“ kann sich der geneigte Wanderer noch mit einer Ahle Wurscht eindecken, regionaltypischer kann die Wegzehrung nicht sein. Den kleinen Schildern mit der Krone folgend gelangt er dann auf die Anhöhen rund um Solz. Es sind lauter kleine Kuppen, die das Landschaftsbild prägen. Mal sind sie bewaldet, mal handelt es sich um Magerra­senflächen, auf denen Schafe und Ziegen weiden und ein Verbuschen verhindern. Wieder andere Kuppen sind umgeben von Äckern, meist kleine Felder, durch die Topografie bedingt.

BEGEGNUNG MIT DEN „RANGERN“

Es geht bei „Quincunx Adel“ – so heißt diese Run­de – also rauf und runter, 160 Meter, um genau zu sein. Immer wieder ein Orientierungspunkt: der Alheimer, mit 549 Metern einer der höchsten Ber­ge in der Region. Oft wartet dort, wo der Ausblick gut ist, eine Bank. Von der Sölzer Höhe reicht der Blick bis zum Thüringer Wald, zum Hohen Meiß­ner, zur Rhön und zu einem Ausläufer des Knüll. Kein schlechter Ort also, um die Ahle Wurscht auszupacken. Nur im Naturschutzgebiet sollte man sein Picknick nicht veranstalten, sonst kommt man unweigerlich mit Jürgen Rie­ger und Günther Hobert ins Ge­spräch. Dann zücken die Ranger der Stadt Bebra, wenn das freund­liche Wort nicht reicht, notfalls auch ihren Dienstausweis und verteilen Knöllchen. Hobert war früher Polizist, Rieger Überlebenstrainer bei der Bun­deswehr – da bringt man Autorität mit.

Als er noch beim Bund war, nahm Rieger wiederholt am 20. Juli in Uniform an einer Gedenkfeier am „Trot­tenkreuz“ teil. Dabei handelt es sich um ein weit­hin sichtbares Holzkreuz auf dem Tannenberg, errichtet 1949 von den beiden Brüdern von Adam von Trott. Seit 1984 gedenkt man hier dem Jahres­tag des Attentats, immer wieder auch mit promi­nenten Rednern, so 2019 mit dem damaligen Au­ßenminister Heiko Maas. Günther Hobert, der „zwei Hügel weiter“ auf­gewachsen ist, hörte den Namen Adam von Trott zum ersten Mal in der Volksschule, bei einem Wandertag nach Imshausen. „Aber das interes­sierte den Viertklässler nicht.“ Inzwischen ist viel passiert.

Die Ranger

Die Ranger Jürgen Rieger und Günther Hobert

© Wolfgang_Stelljes

MUSTERGÜLTIGE AUSSTELLUNG

Imshausen ist zu einem Lernort geworden. Die Stiftung Adam von Trott, 1986 zum Gedenken an den Widerstandskämpfer gegründet, hat sich der historisch-politischen Bildungsarbeit für Jugend­liche und Erwachsene verschrieben. Und sie hat 2021 eine Dauerausstellung er­öffnet, die – so der Titel – eine „Begeg­nung mit Adam von Trott“ erlaubt und die, um es vorwegzunehmen, ein gutes Beispiel dafür ist, wie man selbst auf kleinem Raum alles Wissenswerte wohldosiert und interaktiv präsentieren kann. Drei Räume im linken Trakt des Herrenhauses in Imshausen ge­nügen, um eine Frage zu beantwor­ten: „Wie wurde Adam von Trott zu dem, der er war?“ So jedenfalls sagt es Andrea Stockmayer, die als junge Frau ein Jahr auf einem benachbarten Hof verbracht hat und sich einge­hend mit der Vita von Adam von Trott beschäftigt hat. Im ersten Raum, der wie ein helles Wohnzim­mer anmutet, wird die Familiengeschichte doku­mentiert. Da ist die Mutter, die „eine ganz große Rolle gespielt hat“, eine direkte Nachfahrin von John Jay, einem der „Gründerväter“ der Verei­nigten Staaten. Und da ist das Jurastudium in München, Göttingen und Berlin, eine Art „geisti­ges Gerüst“, so Malina Emmerink, die Geschäfts­führerin der Stiftung. „Sehr prägend war seine Zeit in Oxford.“ Zwei Jahre lang atmet der junge Stipendiat den weltoffenen Geist an der altehr­würdigen Uni. In dieser Zeit wird Hitler zum Reichskanzler ernannt.

Dann der zweite Raum, eng, grau und dunkel: Die Jahre bis 1939, in denen von Trott unter ande­rem in China weilt. Und in denen er sich, so Em­merink, entscheiden muss: „Trete ich in die Par­tei ein? Wirke ich von innen? Wo ist meine Posi­tion?“

Schließlich der dritte und größte Raum: Adam von Trott knüpft als Gesandter des Auswärtigen Amtes auf seinen Reisen ins Ausland Kontakte zu Regimegegnern, ein gefährliches Doppelleben. Er trifft sich mit Willy Brandt und findet Verbün­dete in Helmuth James Graf von Moltke, dem Gründer der Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis, und in Claus Schenk Graf von Stauffenberg – ihn bezeichnet von Trott als seinen „nächsten Freund“.

Am 20. Juli 1944 deponiert Stauffenberg eine mit Sprengstoff gefüllte Aktentasche unter ei­nem Tisch im „Führerhauptquartier Wolfsschan­ze“. Das Attentat schlägt fehl, der Diktator über­lebt. Noch am gleichen Tag werden Stauffenberg und andere hingerichtet. Fünf Tage später wird auch Adam von Trott verhaftet. „Das Fahrten­buch des Chauffeurs von Stauffenberg hat ihn verraten“, sagt Emmerink, die beiden haben sich noch am Abend vor dem Attentat getroffen. Am 15. August verurteilt der „Volksgerichtshof“ Adam von Trott zum Tode durch den Strang, am 26. Au­gust wird das Urteil vollstreckt. Am Tag seiner Ermordung schreibt Adam von Trott einen Ab­schiedsbrief an seine Frau Clarita, die mit den Töchtern Anna Verena (geboren 1942) und Clari­ta (1943) zurückbleibt. Er endet mit den Worten, mit denen dieser Artikel beginnt.

Ausstellung

Ausstellung in Imshausen

© Wolfgang_Stelljes
Imshausen am Abend

Abendstimmung im Imshausen

© Wolfgang_Stelljes
Landschaft

Blick von einer Anhöhe bei Imshausen

© Wolfgang_Stelljes

Bummeln

Rothenburg an der Fulda

Das Schloss Rotenburg, errichtet im Stil der Re­naissance, war früher der Sitz der Landgrafen, heute residiert hier die Landesfinanzschule Hessen. Gleich daneben: eine Schleuse aus dem 16. Jahrhundert, einst Teil einer Wehranlage. Und eine ganze Reihe markanter Fachwerkbauten, die „Schrecksköpfe“ lässt man sich am besten bei einer Führung erläutern. Außerdem: eine Mikwe, ein rituelles Tauchbad der ehemali­gen jüdischen Gemeinde. Seit 2006 dokumen­tiert das Jüdische Museum hier sechs Jahrhun­derte jüdischen Lebens in Rotenburg an der Fulda und Umgebung.

Erlebnisse

Bahnhof Bebra

Die Größe des Bahnhofs von Bebra lässt bereits erah­nen, wie wichtig die Eisenbahn für die Entwicklung der Stadt war. Lange Zeit hieß es nicht: „Wo arbeitest du?“, denn die Antwort war klar: bei der Bahn. Also lautete die Frage: „Was arbeitest du? Bist du Schaffner? Gepäckträger? Beim Zoll?“ An all diese Menschen erinnert heute eine Dauerausstellung im Industriedenkmal Bahnhof. Es ist ein Zeitreise durch deutsche wie lokale Geschichte. 1848 hielt der erste Zug in Bebra. Der Ort entwickelte sich einem Knotenpunkt, hier begegneten sich Nord-Süd und Ost-West. Kaiser Wilhelm II. machte Station, genauso wie Zar Nikolaus II. und Wladimir Iljitsch Le­nin. Dann, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, kamen bis zu 30 000 Flüchtlinge in Bebra an – täglich. An der innerdeutschen Grenze wurde Bebra zum zweitgröß­ten Bahnhof, Züge mit Ziel Moskau, Warschau, Paris oder Rom legten hier einen Stopp ein. 1970 machte auch Bundeskanzler Willy Brandt Halt in Bebra, er war auf dem Weg zu einem Gipfeltreffen in die DDR. Ein ganz anderes Bild am 10. November 1989, kurz nach Öffnung der Grenze: Nun kamen völlig überfüllte Zü­ge in Bebra an, ein Ansturm, der die Stadt unvorberei­tet traf. Kontrollen gehörten nun der Vergangenheit an. Die bewegenden Geschehnisse auch dieser Tage sind in der Ausstellung eindrucksvoll dokumentiert.

Wildschweinrücken

Wildschweinrücken im Breitenbacher Hof

© Wolfgang_Stelljes

Genuss

Breitenbacher Hof

Es ist nicht der Name, der die Gäste lockt, denn einen „Breitenbacher Hof“ gibt es ein paarmal öfter in Deutschland. Auch ist der in Bebra-Brei­tenbach von außer eher vom Typ unscheinbarer Landgasthof. Nein, hier kehrt der Kenner ein, weil er weiß, wer am Herd steht: Harald Döttger. Der hat sich seine Meriten unter anderem wäh­rend seiner Wanderjahre im In-und Ausland er­worben, ist dann aber doch zurückgekehrt und leitet den Familienbetrieb nun zusammen mit seiner Frau Elfriede in fünfter Generation. Ser­viert werden regionale Speisen je nach Saison, im Herbst zum Beispiel Entenkeule auf Rosma­rinsauce oder Wildschweinrücken mit getrüffel­tem Rahmspitzkohl, aber auch einfache Haus­mannskost.

wandern

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