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10 Minuten

Der Aletschgletscher – der mächtigste Eisstrom der Alpen

Der Aletschgletscher in den Schweizer Alpen ist der größte und längste Gletscher Europas. Berühmte Viertausender wie Eiger, Mönch und Jungfrau scheinen hier zum Greifen nah. Autorin Alexa Christ hat es gewagt, sich auf dickes Eis und in große Höhe zu begeben.
Gletscherzunge des Aletschgletschers
©

Alexa Christ

Was ziehe ich bloß an??? Die Frage ist zugegeben ein ungewöhnlicher Beginn für eine Wanderreportage, doch die Frage sei in dem Fall erlaubt. Schließlich geht es zum ersten Mal in meinem Leben rauf auf eine Höhe von 3.650 Metern und über Europas längsten Gletscher. Ich will hier keinen Schönheitspreis gewinnen; mein Ziel besteht vor allem darin, mir weder Gliedmaßen noch sonstige unverzichtbare Körperteile abzufrieren. Die Experten der Gruppe raten zum Zwiebellook.

„Beginne mit einem T-Shirt, darüber ein Longsleeve, am besten aus Merinowolle, dann eine leichte Daunenjacke und zum Schluss ein wasserdichter Windbreaker. Mütze, Handschuhe und Sonnenbrille sind unverzichtbar“, sagt Bergführerin Laura. Es ist 6.45 Uhr am Morgen. Der berühmte Bergort Grindelwald in den Berner Alpen schlummert noch. Zusammen mit vier weiteren Mädels – Caja, Jolana, Judith und Jana – mache ich mich auf den Weg zum Eiger Express. Um diese Uhrzeit fährt eigentlich nur das Personal hinauf aufs Jungfraujoch. Wir dürfen trotzdem mit. Der Ausnahmegenehmigung sei Dank.

Mit dem Zug auf das Dach Europas

Fast 1.400 Höhenmeter überwindet die Jungfraubahn auf ihrem Weg – hinauf zum mit 3.454 Metern höchst gelegenen Bahnhof des Kontinents. „Top of Europe“ nennen sie das hier. Sieben der knapp zehn Kilometer langen Strecke führen durch einen Tunnel. Erbaut wurde diese Meisterleistung der Ingenieurskunst zwischen 1896 und 1912. „Damals herrschte ein ungeheurer Pioniergeist“, erzählt Bergführer Adrian. „Die Ursprungsidee bestand sogar darin, die Leute wie eine Pistolenkugel senkrecht durch den Berg hochzuschießen.“

Den Schweizern würde ich das glatt zutrauen, denke ich. Die würden es vermutlich sogar schaffen, eine Bahn bis auf den Gipfel des 4.107 Meter hohen Mönch zu führen. Der hüllt sich an diesem frühen Morgen in undurchdringlichen Nebel. Er zickt wie eine Diva und lässt sich nicht blicken, obwohl wir doch extra zeitig aufgestanden sind und schon kurz nach acht das Jungfraujoch erreichen. Drunten im Tal fangen sie jetzt bereits an zu schwitzen. Hier oben: Außentemperatur minus ein Grad, Windgeschwindigkeit 40 km/h. Weil draußen nichts zu sehen ist, blicken wir uns erst mal im Bahnhof um.

Erlebniswelt Jungfraujoch

Ein multimedialer Rundgang entführt in eine Zauberwelt aus Schnee und Eis. Beinahe unwirklich ist das Gefühl, dass wir von all dem nur durch ein paar Wände und Nebel getrennt sind. Eine Ausstellung beleuchtet die Geschichte der Jungfraubahn. Sie gibt den Opfern unter den viel zu jung verstorbenen Bergarbeitern Namen und Gesicht. Am Ende steht dann eine überdimensionale Schneekugel, die alles beinhaltet, was die Schweiz so ausmacht: Berge, Kühe, Schokolade, Taschenmesser, Uhren. Auf dem Weg zum Eispalast blickt Caspar David Friedrichs Wanderer über dem Nebelmeer nicht auf das Elbsandsteingebirge hinunter, sondern auf das Dreigestirn aus Eiger, Mönch und Jungfrau. Filigrane Eisskulpturen – von den Mitarbeitern der Jungfraubahn geschaffen – lösen entzückte Ohs und Ahs aus.

Doch all das verblasst gegen das, was uns erwartet, als wir auf die Sphinx-Terrasse ins Freie treten. Der Himmel hat ein Einsehen, lupft den Vorhang und vor uns baut sich ein unglaubliches Panorama auf: Auf der einen Seite der Blick bis in Schwarzwald und Vogesen. Auf der anderen der monumentale Eisstrom des Aletschgletschers, eingerahmt von Viertausendern. Weitblick deluxe.

Gletscherzunge des Aletschgletschers
© Alexa Christ

Vorsicht vor Höhenluft

Wir laufen los. Ein markierter Fußweg führt rauf zur Mönchsjochhütte, der mit 3.657 Metern höchst gelegenen bewirtschafteten Hütte der Schweiz. Der Schnee knirscht unter unseren Füßen. Kommt ein Windstoß auf, fegt er uns Eiskristalle ins Gesicht. Eigentlich sind es nur 200 Höhenmeter, die wir bewältigen müssen, doch ich merke schnell: Die Luft ist dünn. Mein Herz pumpt. Die ersten Schritte waren zu groß und zu schnell. Einen Gang runterschalten heißt die Devise. Danach ist alles in Ordnung.

Es dauert eine gute Stunde, bis die Hütte plötzlich vor uns aufragt. Sie ruht auf Stelzen am Ostgrat des Mönchs und klebt förmlich am Fels. Drinnen empfangen uns behagliche Wärme und Schweizer Leckereien. Wie beschwerlich es sein muss, hier oben zu wirtschaften, können wir nur erahnen. Es gibt kein Wasser, außer man schmilzt es. Gekocht wird mit Holz, ein Dieselmotor und eine Solaranlage liefern Strom. Alle Lebensmittel müssen mit dem Pistenbully von der Jungfraubahn heraufgebracht werden. Suppe, Spätzlespfanne, Omelette, Kuchen: Wir stärken uns für das große Abenteuer, das vor uns liegt.

In der Seilschaft über den Gletscher

Den Weg zurück nehmen wir direkt über den Aletsch, den monumentalsten Gletscher der Alpen: 22 Kilometer lang, 900 Meter dick, 12 Milliarden Tonnen Eis. „Die meisten Leute sehen nur, dass das ganze Terrain von Schnee bedeckt ist und meinen, dass es sicher wäre, darüber zu laufen. Die wissen gar nicht, dass sich darunter Gletscherspalten befinden“, sagt Laura, verteilt die Klettergurte und seilt uns an. „Und woher weißt du, wo die Gletscherspalten sind?“, fragt Jana. „Ich weiß es nicht“, antwortet Laura trocken, dann laufen wir auch schon los.

Petrus scheint gerade seinen Mittagsschlaf zu halten, denn es hat sich wieder zugezogen. „Ganz schöne Suppe, was?“, kommentiert unsere Bergführerin. Wohin wir auch blicken: Nichts als grelles Weiß. Es ist eine faszinierende Erfahrung. Allzu leicht könnte uns die Fantasie Dinge vorgaukeln, die gar nicht da sind. Oder etwa doch? Was, wenn jetzt der furchteinflößende Rollibock, der angeblich im ewigen Eis des Aletschgletschers wohnt, vor uns auftauchte? Die Sagengestalt mit den langen Hörnern und den feurigen Augen soll am ganzen Leib mit Eisschollen behängt sein, die ein schreckliches Getöse veranstalten, sobald er sich bewegt. Ein mächtiger und erbarmungsloser Geist ist der Rollibock, der all jene zermalmt, die der Natur und den darin lebenden Tieren Schaden zufügen. Wie gut, dass wir nur ein paar Fußabdrücke im Schnee hinterlassen.

Seilwanderschaft durch das Gebiet des Aletschgletschers.
© Alexa Christ

Der Aletschgletscher - Inspiration für Künstler und Dichter

Zudem haben wir Glück, denn Petrus scheint sein Nickerchen beenden zu wollen. Schlagartig klart es auf. Wie aus dem Nichts türmen sich erneut die Viertausender vor uns. Dann blitzt sogar noch kurz die Sonne zwischen den Wolken hervor. Es ist, als käme eine warme Dusche über uns. Die Endorphine schlagen Purzelbäume. Ob es den berühmten Wanderern, die das heutige Unesco-Welterbe einst besuchten, ähnlich erging? 1779 kam Goethe und dichtete. 1816 vergaß Lord Byron über den Anblick von Mönch und Jungfrau seine skandalöse Scheidung. Gleich viermal bereiste der Komponist Felix Mendelssohn-Bartholdy die Gegend und zeichnete sich dabei die Finger wund. 1911 wanderte der damals erst 19-jährige J.R.R. Tolkien durch die steilen Felshänge – die beeindruckende Szenerie inspirierte ihn zu seinem Epos „Der Herr der Ringe“.

Damals wird der Aletschgletscher noch gewaltiger gewesen sein. Den Auswirkungen des Klimawandels kann auch er nur bedingt trotzen. Drei Eisströme sind es, die hier zusammenfließen: Von Westen der Große Aletschfirn, von Norden das Ewigschneefeld und von Nordwesten der Jungfraufirn, auf dem wir uns bewegen. Bis zu 50 Meter verliert der Gletscher jedes Jahr. Die Gletscherränder sind besonders von der Abschmelzung betroffen. „Das Dramatische ist, dass der Gletscher nicht nur in der Länge schrumpft sondern auch stark an Masse verliert“, sagt Laura. „Dadurch wird der Aletsch insgesamt bröckeliger.“

Sicher über den Gletscher

Wie von selbst wandert mein Blick nach unten. Knöcheltief versinkt mein Fuß im Schnee, findet aber Halt. Dennoch straffe ich das Seil zu meiner Vorderfrau Jana. Dass es niemals schlaff durchhängen soll, hat uns Laura zu Beginn eingeschärft. Dass wir uns auf die Knie fallen lassen und das Seil festhalten und anspannen sollen, falls jemand in eine Gletscherspalte einbricht, fügt sie während der Wanderung hinzu.

Dazu kommt es gottlob nicht. Alles geht glatt bei unserem Ausflug auf den Eisgiganten im Berner Oberland. Zurück an der Jungfraubahn hat nicht nur das Zwiebelprinzip der Kleidung funktioniert. Wir sind dankbar für ein ganz besonderes Erlebnis. Und sensibilisiert für die Vergänglichkeit dieser genauso traumhaften wie einmaligen Bergwelt.

Gruppe Personen steht am Geländer der Mönchshütte in Winterkleidung.
© Alexa Christ

sehen

Kleine Scheidegg

Die Passhöhe zwischen Eiger und Lauberhorn liegt auf 2016 Metern und verbindet Grindelwald mit Lauterbrunnen. Hier befinden sich Hotels, Restaurants, Skilifte sowie der Bahnhof der beiden Zahnradbahnen Wengenalpbahn und Jungfraubahn. Was heute touristisch ausgebaut ist, wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts von Reisenden der Grand Tour in aller Einsamkeit erwandert. 1840 entstand das erste Hotel, 1941 der Skilift. Das Panorama aus Eiger, Mönch und Jungfrau lässt sich hier eindrucksvoll genießen. Zudem sind etliche Wanderungen möglich.

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Quer durch die Jungfrau-Region

Wer gern länger den Wanderrucksack packt und am liebsten richtig Strecke macht, der hat in der Jungfrau Region gleich zwei tolle Möglichkeiten. Die Via Berna führt in 20 landschaftlich schönen Etappen durch den Kanton Bern, von Bellelay im Berner Jura durch das Mittelland bis zum Sustenpass im Berner Oberland. Die letzten sieben Etappen der 300 km langen Wanderstrecke befinden sich komplett in der Jungfrau Region, www.viaberna.ch.

Noch weiter geht es auf der Via Alpina, die durch Liechtenstein und die Schweiz führt. Gleich fünf verschiedene Wege machen die Via Alpina aus – die Qual der Wahl. Wer sich für den Grünen Weg ent- scheidet, durchschreitet die Jungfrau Region und hat die drei markanten Gipfel – Eiger, Mönch und Jungfrau – stets gut im Blick, www.via-alpina.org.

Gruppe Personen beim Aufstieg auf zur Hütte im Gletschergebiet.
© Alexa Christ

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Wagemutige vor!

Mit der Firstbahn geht es ganz entspannt in etwa 25 Minuten auf den Hausberg Grindelwalds in 2.168 Meter Höhe. Die spektakuläre Hängebrücke des First Cliff Walks schmiegt sich nicht nur direkt an die Felswand, sie bietet noch dazu einen herrlichen Blick auf die Eiger Nordwand. Adrenalinjunkies kommen am First voll auf ihre Kosten. Die beiden Flying Fox-Varianten First Flieger und First Glider bieten die Möglichkeit, mit gut 80 km/h gen Tal zu sausen. An dem 800 Meter langen Stahlseil schwebt man entweder wie ein Adler bäuchlings durch die Luft oder braust in einer gut gesicherten Sitzvorrichtung hinunter. Wem das zu viel Action ist, der kann einfach auf der wunderschönen Aussichtsterrasse des First Restaurants sowohl das herrliche Bergpanorama als auch allerlei Schweizer Leckereien genießen. Als Wanderung empfiehlt sich von hier aus die knapp zweistündige Tour zum idyllischen Bachalpsee. Infos und Tickets für die Bahn auf: www.jungfrau.ch/de-ch/grindelwaldfirst/

schmecken

Gipfelbrot

Ein Brot, das die Seele des Berges einfängt, das wollte Bäckermeister Christian Bigler aus Grindelwald schaffen. So kletterte er zusammen mit Vater Hans und Bergführer Fritz im Sommer 2018 auf den Gipfel des wilden und archaisch schönen Wetterhorns. Auf 3692 Metern Höhe angelangt, wurde der Gaskocher ausgepackt, Gipfelschnee geschmolzen und in der Pfanne mit Grindelwalder Weizen vermischt. So entstand der Grundsauerteig des so genannten Wetterhornbrots, das es seitdem in der Bäckerei Ringgenberg in Grindelwald zu kaufen gibt. Der Natursauerteig ruht mindestens 20 Stunden. Das schmeckt man. Kein Wunder, dass dieses Brot der Swiss Bakery Trophy eine Goldmedaille wert ist. Lecker!

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